Dribbelkönige sind nicht gefragt

214 Nachwuchskicker kamen zum Sichtungsturnier nach Schandelah

Braunschweiger Zeitungsverlag - Jörg Kleinert (19.05.2003)

"Dribbelkönige wollen wir nicht sehen", betonte Matthias Gluch. Das Augenmerk des Nachwuchstrainers im Niedersächsischen Fußball-Verband (NFV) galt anderen Fähigkeiten der 214 Nachwuchskicker des Kreises Wolfenbüttel, die sich gestern auf dem MTV-Sportplatz in Schandelah tummelten.

Im Rahmen des Sparkassen-Cups, eine Sichtungsveranstaltung für Jugendspieler des Jahrgangs 1992, zu der 25 Vereine des Landkreises ihre E-Jugendteams gemeldet hatten, zählten für den Trainer im Jugendstützpunkt Salzdahlum vor allem Spielwitz, Ballgefühl, Einstellung, Athletik und Bewegungsabläufe. "Ein Spieler, der Tore knipst ohne Ende, wird nicht so hoch bewertet wie einer, der ein gutes Auge für einen besser postierten Mitspieler hat."

Ein Quartett im Dauerstress

Timo Kleiner–mit Gluch, dem Sickter Udo Müller und dem Schandelaher Uwe Stucki gestern ein Sichtungs-Quartett im "Dauerstress"–ließ die Augen ständig über zwei der sechs Spielfelder gleichzeitig wandern. Kein Talent durfte durchs Sieb fallen. "Viele Spieler fallen einfach durch ihre Dominanz auf. Sie fordern Bälle, verteilen sie und schlagen die Kugel nicht einfach nach vorne", beschrieb der Salzgitteraner Trainer Merkmale, auf die er achtete.

20 Kicker aus dem Kreis Wolfenbüttel wählen die Fußball-Lehrer nach Auswertung ihrer Notizen aus und laden sie zu einem weiteren Sichtungslehrgang nach Salzdahlum ein. 20 weitere Nachwuchsspieler kommen vom Kreisverband Salzgitter hinzu, für den Salzdahlum zentraler Anlaufpunkt der dezentral über das gesamte Verbandsgebiet organisierten Stützpunkt- und Fördergruppenarbeit ist.

Von 40 Talenten ziehen 15 das große Los: Sie werden ausgewählt und erhalten montags im Salzdahlumer Stützpunkt Fördertraining. Vielleicht ein erstes Sprungbrett für die künftige Fußball-Karriere, weiß Kleiner. "Nur so haben die Spieler die Chance, in eine Niedersächsische Jugendauswahl berufen zu werden".

Der Mann an der Basis

Klaus Kandziora sieht sich dagegen eher als Mann an der Basis. Der Betreuer der E-Jugend des SC Hornburg schätzt die Nachwuchsarbeit im Verein. "Sie ist zwar anstrengend und anspruchsvoll, aber sie ist auch interessant und macht Spaß." Anstrengend sei die Vielfalt der Anforderungen, die ein Jugendtrainer erfüllen müsse: "Ich bin oft Betreuer, Psychologe, Ratgeber, Hausmeister und Trainer in einer Person."

Begeistert aber ist der SC-Betreuer über die Aufnahmefähigkeit der Jungs. Mehr noch: "Sie freuen sich auch über die kleinen Dinge." So gibt es nach einem Sieg schon mal eine Flasche Brause für jeden, und nach besonders guter Leistung lässt Kandziora sich auch mal zum Kinobesuch überreden. Gestern reichte es für die Hornburger Kicker in vier Spielen nur zu einem Unentschieden – da war der Trainer wieder als Psychologe gefragt.